Raufutterfütterung für Pferde – die Basis für ein gesundes, zufriedenes Pferd
- sabinelagies
- 20. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Viele Pferdehalter investieren viel Energie und Zeit in die Auswahl des richtigen Kraftfutters. Dabei ist das nicht so wichtig. Denn das Pferd benötigt Raufutter zum Gesundbleiben, während Kraftfutter krank machen kann. Eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Raufuttergabe ist nicht nur für die Verdauung entscheidend, sondern eben auch auch für das allgemeine Wohlbefinden und die Gesundheit des Pferdes.

Was ist Raufutter?
Raufutter ist faserreiches, grob strukturiertes Pflanzenmaterial, das Pferden vor allem Energie in Form von Rohfaser liefert. Es wird entweder frisch, getrocknet oder fermentiert gefüttert und ist der Hauptbestandteil der natürlichen Pferdenahrung.
Zu den Raufuttermitteln zählen:
Heu (getrocknetes Gras, klassisches Raufutter)
Heulage/Silage (anfermentiertes, leicht feuchtes Gras – hygienisch korrekt hergestellt!)
Stroh (meist Weizenstroh, als Beschäftigungs- und Füllmaterial – nur begrenzt als Energiequelle)
Gras/Weidegang (frisches Raufutter direkt von der Weide)
Luzerne (eiweißreiches, strukturreiches Futter, oft als Heu oder Pellets)
Maisblätter/-stängel (regional unterschiedlich verbreitet)
Rübenschnitzel (getrocknet, einweichen erforderlich – rohfaserreich und energiehaltig)
Ungiftiges Astmaterial, Blätter, Rinde und Moose(z. B. von Hasel, Weide, Birke oder Obstbäumen – als Beschäftigung und natürliche Rohfaserquelle geeignet)
Diese pflanzlichen Bestandteile liefern Struktur, fördern die Kaubewegung und erlauben dem Pferd eine weitgehend natürliche Futteraufnahme. Besonders in naturnahen Haltungsformen oder bei übergewichtigen Pferden werden Äste und Blätter gerne zur Ergänzung eingesetzt – auch Moose können in kleinen Mengen unbedenklich aufgenommen werden, sofern sie sauber und frei von Schadstoffen sind.
Warum ist Raufutter so wichtig?
Pferde sind von Natur aus Dauerfresser – in freier Wildbahn verbringen sie bis zu 16 Stunden täglich mit der Nahrungsaufnahme. Ihr Verdauungssystem ist darauf ausgelegt, ständig kleine Mengen faserreicher Nahrung aufzunehmen.
Längere Fresspausen von mehr als 4 Stunden können bereits zu Verdauungsstörungen (Kolik!), Magengeschwüren und Stress führen.
Daher ist eine 24/7-Raufutterfütterung – also rund um die Uhr Zugang zu ausreichend strukturiertem, fressbarem Raufutter – die optimale Form der Versorgung, insbesondere in Offenstall- oder Aktivstallhaltung. Aber auch in Boxenhaltung sollte angestrebt werden, die Fresszeiten durch engmaschige Heunetze oder zeitgesteuerte Raufen zu verlängern und Fresspausen zu vermeiden.
Raufutter erfüllt mehrere Funktionen:
Fördert die Speichelbildung, was die Magensäure puffert
Sichert eine geregelte Darmtätigkeit
Verhindert Langeweile und Stress, da Pferde über viele Stunden mit Fressen beschäftigt sind
Liefert Energie auf gesunde Weise (vor allem bei leichtfuttrigen Pferden wichtig)
Trägt zum Erhalt einer gesunden Darmflora bei
Wie viel Raufutter braucht ein Pferd?
Die Faustregel „mindestens 1,5 kg Raufutter pro 100 kg Körpergewicht und Tag“ ist das absolute Minimum und wie alle Extreme nicht zu empfehlen. Das wären nämlich für ein 600 kg schweres Pferd nur 9 kg Raufutter täglich. Diese Menge lässt sich kaum so verteilen, dass das Pferd keine längeren Fresspausen hat. Denn für ein Kilo Heu benötigt ein Pferd je nach Größe 40 bis 80 Minuten Fresszeit. Das wäre für die meisten Pferde zwar zu viel an Energie, dennoch kann man nicht einfach das Heu nur stundenweise vorlegen. Abhilfe schaffen hier z.B. engmaschige Heunetze zu Verlängerung der Fressdauer und das Vorlegen von Ästen, Blättern, etc..
Was passiert bei Fehlern in der Raufutterfütterung?
Fehler in der Raufuttergabe sind leider häufig und können weitreichende gesundheitliche Konsequenzen haben:
1. Zu wenig Raufutter
Erhöhtes Risiko für Magengeschwüre durch fehlende Speichelproduktion
Verhaltensauffälligkeiten wie Koppen oder Weben durch Langeweile
Koliken durch gestörte Darmtätigkeit
Abmagerung und Muskelabbau, besonders im Winter
2. Schlechte Qualität
Schimmel, Staub und Fremdkörper im Heu können zu Atemwegserkrankungen führen
Mykotoxine im verdorbenen Futter wirken schleichend giftig
Gärreste oder feuchtes Heu können Durchfall oder Fehlgärungen im Darm verursachen
3. Falsche Lagerung
Heu, das feucht gelagert wird, schimmelt schnell
Bei Heulage besteht bei falscher Lagerung ein hohes Risiko für Botulismus – eine lebensgefährliche Vergiftung
4. Ungeeignetes Raufutter
Reines Stroh als Hauptfutter kann zu Verstopfungen führen
Zu eiweißreiches Raufutter (z. B. junge Luzerne) kann bei empfindlichen Pferden zu Stoffwechselproblemen führen
Fazit: Raufutter ist die Basis – nicht das „Beifutter“
Eine ausgewogene, bedarfsorientierte Raufutterfütterung ist das A und O der Pferdeernährung. Statt sich auf Kraftfutter oder Ergänzungen zu verlassen, sollten Pferdehalter immer zuerst die Qualität und Menge des Raufutters optimieren. Denn ein Pferd ist – auch heute noch – in erster Linie ein Grasfresser mit einem empfindlichen Verdauungssystem, das auf Struktur und Konstanz angewiesen ist.
Eine 24/7-Raufutterversorgung ist der Schlüssel zu einem gesunden Verdauungstrakt, einem ausgeglichenen Verhalten und einer artgerechten Haltung.
Futternetze oder der Einsatz anderer Raufutterquellen wie Ästen, Blättern oder Moosen können dabei eine sinnvolle Ergänzung zur Reduzierung der Energie im Futter darstellen – vorausgesetzt, sie sind ungiftig und sauber.


