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Impulsreiten – Reiten mit minimalen Hilfen

Aktualisiert: 23. Juni

In der heutigen Reitwelt gewinnt ein Begriff zunehmend an Bedeutung: Impulsreiten. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Konzept? In welchen Reitweisen ist es verbreitet – und ist es wirklich eine moderne Entwicklung oder nicht vielmehr eine Rückbesinnung auf alte Reitkultur?


Impulsreiten

Was ist Impulsreiten?


Impulsreiten bezeichnet eine Reitweise, bei der Hilfen nicht dauerhaft gegeben, sondern kurz, klar und punktgenau eingesetzt werden. Der Reiter gibt einen Impuls – zum Beispiel mit der Wade, dem Gewicht oder dem Zügel – und nimmt ihn sofort wieder weg, sobald das Pferd reagiert. Ziel ist es, dass das Pferd frei, eigenständig und aufmerksam mitarbeitet, anstatt dauerhaft „festgehalten“ oder kontrolliert zu werden.


Diese Reitweise setzt Klarheit, Gefühl und eine feine Abstimmung voraus. Der Reiter muss lernen, seine Hilfen exakt zu timen und sich auf das Pferd einzulassen – denn Impulsreiten bedeutet Kommunikation auf Augenhöhe, nicht Dominanz.


Für das Pferd ist diese Reitweise außerordentlich logisch: Ein Hilfe kommt => das Pferd reagiert => die Hilfe hört sofort auf.


In welchen Reitweisen ist Impulsreiten verbreitet?


Besonders in der Westernreitweise ist das Impulsreiten fest verankert. Hier wird mit losen Zügeln und möglichst wenig Einwirkung geritten. Der Reiter gibt dem Pferd eine Aufgabe – etwa eine Richtungsänderung oder ein Anhalten – und gibt ihm dann Raum zur Umsetzung. Dauerhafte Krafteinwirkung oder ständiges Treiben sind verpönt.


Auch in der klassischen Reitkunst, insbesondere in der barocken Reiterei oder der iberischen Tradition, war und ist das Reiten mit feinen Impulsen zentral. Hier stand und steht die Leichtigkeit an der Hand, das feine Annehmen und Nachgeben im Vordergrund.


In der Akademischen Reitkunst, wie sie etwa von Bent Branderup vertreten wird, spielt der bewusste Einsatz von Hilfen als Impuls ebenfalls eine entscheidende Rolle.


Selbst im modernen Dressursport gibt es Bestrebungen, das Pferd über gezielte Impulse statt über anhaltenden Druck zu reiten – auch wenn sich dies leider nicht immer in der Realität des Turniergeschehens wiederspiegelt.


Impulsreiten in früheren Zeiten


Das Prinzip des Impulsreitens ist keineswegs eine neue Erfindung. Im Gegenteil: In früheren Zeiten mussten Reiter mit möglichst wenig Zügel- oder Schenkelkontakt auskommen – schlicht, weil sie ihre Hände und ihre Konzentration anderweitig brauchten.


Ein Soldat oder Cowboy konnte es sich nicht leisten, das Pferd ständig mit beiden Händen zu führen. Er musste das Gewehr führen, mit dem Lasso arbeiten, Werkzeuge tragen oder sich in schwierigstem Gelände auf dem Pferd halten. Die Pferde wurden daher so ausgebildet, dass sie auf feine, einmalige Signale reagierten – eine minimale Gewichtshilfe, eine kurze Schenkeldruck, eine leichte Veränderung der Körperhaltung.


Das Pferd sollte „mitdenken“, Initiative zeigen und Verantwortung übernehmen. Ein Pferd, das auf dauerhaften Zwang oder ständiges Treiben angewiesen war, hätte in solchen Situationen versagt.


Diese historische Notwendigkeit hat eine Reitkultur hervorgebracht, in der Vertrauen, Partnerschaft und Eigenverantwortung des Pferdes im Mittelpunkt standen – genau das, was auch das moderne Impulsreiten anstrebt.


Fazit: Reiten mit Impulsen – eine alte Kunst neu entdeckt


Impulsreiten ist mehr als nur ein Technikstil – es ist eine Haltung dem Pferd gegenüber. Es fordert vom Reiter, Kontrolle loszulassen, feiner zuzuhören und das Pferd als aktiven Partner zu sehen. In vielen traditionellen Reitweisen war dies selbstverständlich – heute müssen wir es oft erst wieder lernen.


Doch die Mühe lohnt sich: Wer Impulsreiten beherrscht, reitet nicht nur harmonischer, sondern ermöglicht seinem Pferd auch mehr Selbstvertrauen, Freiheit und Freude an der gemeinsamen Bewegung.



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