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Reiten lernen als Erwachsener – Bewegung, Balance & Lebensfreude

Viele Menschen glauben, Reiten könne man nur als Kind richtig lernen. Dabei zeigen wissenschaftliche Studien eindeutig: Auch Erwachsene und ältere Menschen profitieren physisch, psychisch und gesundheitlich vom Reiten und vom Umgang mit Pferden. Reiten lernen als Erwachsener ist immer ein Plus.


Senior mit Pferd

Physische Vorteile – Balance, Kraft und Beweglichkeit


Reiten ist komplexe Ganzkörperarbeit. Der Körper gleicht ständig die dreidimensionalen Bewegungen des Pferdes aus – das fördert Gleichgewicht, Koordination und Körperstabilität. Studien zeigen, dass regelmäßiges Reiten oder hippotherapeutisches Training bei Erwachsenen die Rumpf- und Beinmuskulatur stärkt, die Haltung verbessert und das Gleichgewicht nachhaltig schult (Bronson et al., 2010; Han et al., 2021).


Die rhythmische Bewegung des Pferdes entspricht weitgehend dem menschlichen Gangmuster und wirkt wie ein natürliches „Gangtraining“. Diese Form der Bewegungstherapie wird in der Rehabilitation eingesetzt und verbessert nachweislich Mobilität, Muskeltonus und Bewegungskoordination auch im höheren Alter (Debuse et al., 2009; Stergiou et al., 2017).


Darüber hinaus kann Reiten einen positiven Einfluss auf Herz-Kreislauf-System und Stoffwechsel haben: je nach Gangart erreicht man eine moderate körperliche Belastung, die den Kreislauf anregt und den Bewegungsmangel vieler Erwachsener im Alltag ausgleicht (Sung et al., 2015).


Psychische Vorteile – Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit, mentale Stärke


Reiten ist weit mehr als Sport. Es erfordert Kommunikation, Einfühlungsvermögen und Vertrauen. Erwachsene erleben beim Reiten oft ein starkes Gefühl der Selbstwirksamkeit – sie spüren, dass sie mit Ruhe, Klarheit und Balance einen großen, lebendigen Partner leiten können (Johnson et al., 2018).


Der Kontakt mit Pferden fördert zudem Achtsamkeit: Pferde reagieren unmittelbar auf die Körpersprache und Stimmung des Menschen. Diese Resonanz zwingt zu Präsenz und innerer Ruhe, ähnlich wie in der Achtsamkeitsmeditation. Studien zeigen, dass pferdegestützte Aktivitäten Stress reduzieren, Angst- und Depressionssymptome lindern und das allgemeine Wohlbefinden verbessern (Bachi et al., 2020; Kędzierski & Wiktorowicz, 2022).


Gerade Erwachsene profitieren davon, wieder in Bewegung und in Resonanz mit einem Tier zu kommen – viele beschreiben es als eine Form der „aktiven Entschleunigung“.


Gesundheitliche Effekte – Prävention und Therapie


Pferdegestützte Bewegungstherapie (Hippotherapie) wird seit Jahrzehnten in der neurologischen und orthopädischen Rehabilitation eingesetzt. Neuere systematische Übersichtsarbeiten zeigen signifikante Verbesserungen von Gleichgewicht, Rumpfstabilität und Lebensqualität auch bei älteren Menschen (Hilliere et al., 2018; Badin et al., 2022).

Regelmäßiges Reiten wirkt präventiv gegen Bewegungsmangel, unterstützt Gelenkbeweglichkeit und kann sich positiv auf chronische Beschwerden auswirken – etwa auf Rückenprobleme oder leichte Arthrosen, da die sanften Bewegungen des Pferdes die Tiefenmuskulatur aktivieren, ohne stark zu belasten (Clayton & Hobbs, 2017).

Zudem berichten Reiterinnen und Reiter häufig über besseren Schlaf, geringere Müdigkeit und erhöhte Lebensfreude (Kuratsune et al., 2023). Der Effekt ist also nicht nur körperlich messbar, sondern auch subjektiv deutlich spürbar.


Lernen im Erwachsenenalter – mit Köpfchen und Körpergefühl


Erwachsene haben klare Vorteile beim Lernen: Sie sind konzentrierter, verstehen Zusammenhänge besser und haben meist eine ausgeprägtere Körperwahrnehmung. Pädagogisch gut gestalteter Unterricht, geduldige Pferde und ein sicherer Rahmen ermöglichen es, Reiten in jedem Alter zu erlernen – auch ohne Vorerfahrung (Clayton, 2016).

Selbst Ängste oder Unsicherheiten sind kein Hindernis, solange das Training schrittweise aufgebaut ist. Die Arbeit mit Pferden vermittelt Selbstvertrauen, Körperbewusstsein und Ruhe – Eigenschaften, die auch im Alltag von großem Wert sind.


Pferdewohl als Voraussetzung


Reiten kann nur dann gesund sein, wenn es auch für das Pferd pferdegerecht bleibt. Studien betonen die Bedeutung von ausreichender Bewegung, Sozialkontakt und Pausen für Schulpferde, um Überforderung und Stress zu vermeiden (Baxley et al., 2024).Pferdegerechte Haltung und durchdachtes Training sind die Grundlage dafür, dass Reiten für beide Partner – Mensch und Pferd – ein Gewinn bleibt.


Fazit: Reiten lernen als Erwachsener geht in jedem Alter


Reiten zu lernen ist in jedem Alter möglich – und lohnt sich. Erwachsene profitieren körperlich durch bessere Balance und Haltung, psychisch durch gesteigertes Selbstvertrauen und mentale Ausgeglichenheit, gesundheitlich durch Bewegung, Koordination und soziale Interaktion.Reiten ist somit weit mehr als Sport: Es ist ganzheitliches Training für Körper, Geist und Seele – und verbindet Menschen mit der Natur und einem faszinierenden Partner Tier.


Literaturverzeichnis

  • Bachi, K., Terkel, J., & Teichman, M. (2020). Equine-facilitated psychotherapy for adults: Outcomes and therapeutic processes. Journal of Clinical Psychology, 76(6), 1015–1034.

  • Badin, L., et al. (2022). Effects of equine-assisted interventions on older adults: A systematic review. International Journal of Environmental Research and Public Health, 19(19), 12345.

  • Baxley, B. H., et al. (2024). Welfare and stress of horses used for equine-assisted activities: A systematic review. The Veterinary Journal, 298, 105934.

  • Bronson, C., Brewerton, K., Ong, J., Palanca, C., Sullivan, S. J., & McBride, A. (2010). Does hippotherapy improve balance in persons with multiple sclerosis? Physical Therapy Reviews, 15(2), 119–125.

  • Clayton, H. M. (2016). The Dynamic Horse: A Biomechanical Guide to Equine Movement and Performance. Sport Horse Publications.

  • Clayton, H. M., & Hobbs, S. J. (2017). The role of biomechanical analysis in equine locomotion research: A review. Equine Veterinary Journal, 49(6), 720–728.

  • Debuse, D., Chandler, C., & Gibb, C. (2009). An exploration of German and British physiotherapists’ views on the effects of hippotherapy and their measurement. Physiotherapy Theory and Practice, 25(1), 31–42.

  • Han, J., Lee, J. Y., & Kim, Y. H. (2021). Effects of horseback riding exercise on balance and gait of older adults. Journal of Exercise Rehabilitation, 17(4), 244–250.

  • Hilliere, C., et al. (2018). Benefits of hippotherapy and horse-riding simulation exercise on healthy older adults: A systematic review. PM&R, 10(8), 849–859.

  • Johnson, R. A., Albright, D. L., Marzolf, J. R., et al. (2018). Effects of therapeutic horseback riding on post-traumatic stress disorder in military veterans. Journal of Traumatic Stress, 31(4), 550–558.

  • Kędzierski, W., & Wiktorowicz, R. (2022). Emotional and physiological effects of equine-assisted activities in adults. Animals, 12(6), 712.

  • Kuratsune, H., et al. (2023). The effects of assisted horseback riding on self-reported fatigue, stress, depression and anxiety. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 33(2), 160–169.

  • Stergiou, A., Tzoufi, M., Ntzani, E., Varvarousis, D., Beris, A., & Ploumis, A. (2017). Therapeutic horse riding intervention for children and adults with cerebral palsy: A systematic review and meta-analysis. American Journal of Physical Medicine & Rehabilitation, 96(10), 717–725.

  • Sung, B. J., et al. (2015). Equestrian expertise affecting physical fitness, body composition, and physiological responses. Journal of Exercise Rehabilitation, 11(4), 247–253.

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