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Wie Hufe sich verändern – und warum das gut so ist

Aktualisiert: 7. Juli

Pferdehufe sind keine starren Gebilde aus Horn – sie sind lebendige Strukturen, die sich ständig anpassen. Viele Reiter oder Hufbearbeiter streben einen „perfekten“, symmetrischen Huf an – am besten wie aus dem Lehrbuch. Doch die Realität sieht anders aus: Hufe verändern sich ständig, und das ist nicht nur normal, sondern überlebenswichtig.


Hufe im Matsch

Hufe passen sich der Belastung an


Der wichtigste Einflussfaktor auf die Hufentwicklung ist die Belastung durch Bewegung – und zwar nicht im Labor, sondern im Alltag:

  • Ein Pferd mit Sehnenschäden entlastet das betroffene Bein – der Huf verändert sich entsprechend.

  • Bei Spat oder anderen Erkrankungen der Hinterhand verlagert sich das Gewicht nach vorne – die Vorderhufe wachsen kräftiger, oft mit Zehenlast.

  • Auch Muskelverspannungen oder Schiefen wirken sich direkt auf das Abrollverhalten und damit auf den Hufmechanismus aus.


Was dabei passiert, ist reine Anpassung: Der Huf formt sich so, wie er gebraucht wird – als Antwort auf die tatsächliche Belastung, nicht auf ein Idealbild.


Wetter, Boden und Haltung – alles hat Einfluss


Auch äußere Bedingungen prägen den Huf:

  • Regenperioden machen das Hufhorn weich, der Abrieb steigt, die Hufe werden oft breiter und flacher.

  • Trockene Hitze führt zu spröderem, hartem Horn, das weniger schnell abgerieben wird – die Zehe kann länger stehen bleiben, wenn keine Korrektur erfolgt.

  • Der Boden, auf dem das Pferd sich bewegt, wirkt wie ein Feilenmechanismus: Sand, Kies, Asphalt – jeder Untergrund „formt“ den Huf anders.

  • Pferde auf Matschpaddocks entwickeln andere Hufformen als solche auf kiesigem Offenstallboden mit viel Bewegung.


All das bedeutet: Der Huf ist kein starres Objekt, sondern ein Spiegel der Umgebung und Nutzung.


Warum „Huf nach Lehrbuch“ nicht immer sinnvoll ist


Natürlich gibt es funktionale Grundlagen:

  • Der Huf muss tragfähig sein

  • Der Strahl soll Bodenkontakt haben

  • Der Hufmechanismus muss funktionieren

  • Der Huf muss in der Balance zum Pferd passen


Aber: Einen Huf zwingend in ein Idealbild zu pressen, obwohl das Pferd sich seit Monaten wegen Rückenschmerzen auf eine Schulter verlagert, ist nicht hilfreich – sondern kontraproduktiv.


Denn jeder Versuch, den Huf „zurückzuzwingen“, ignoriert die Tatsache, dass der Huf genau das geworden ist, was die Bewegungsmuster, das Pferd und seine Umgebung aus ihm gemacht haben. Vielmehr sollte man bei unphyiologischen Entwicklungen am Huf auf Ursachenforschung gehen: Warum sieht der Huf aus, wie er aussieht und wie kann man die Ursache dieser Entwicklung beheben?


Physiologie statt Perfektionismus


Der Huf ist ein dynamisches Organ:

  • Die Hornkapsel wächst und wird gleichzeitig abgerieben

  • Sie reagiert auf Druck, Zug, Schub und Entlastung

  • Der Hufmechanismus sorgt für Durchblutung und Stoßdämpfung

  • Veränderungen der Hufform sind also physiologisch sinnvoll, nicht pathologisch – solange keine Lahmheit oder Schmerzen auftreten und solange der Huf einem natürlichen Abrieb ausgesetzt ist.


Fazit


Hufe verändern sich – und das ist gut so.Sie zeigen, wie das Pferd geht, steht, lebt. Sie erzählen Geschichten über Bewegung, Haltung, Jahreszeiten und Befindlichkeiten.

Wer sie zu sehr „richten“ will, ohne auf das Pferd zu hören, arbeitet gegen die Natur – nicht mit ihr.Viel sinnvoller ist es, den Huf zu verstehen, statt ihn zu bekämpfen.

Denn ein guter Huf ist nicht der, der schön aussieht –sondern der, der funktioniert.

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