Die verschiedenen Lerntypen – und was sie für den Reitunterricht bedeuten
- sabinelagies
- 22. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Jeder Mensch lernt anders – das merkt man im Alltag, in der Schule, beim Sport und ganz besonders auch im Reitunterricht. Manche brauchen genaue Erklärungen, andere schauen sich lieber etwas ab, wieder andere müssen es einfach tun und spüren. Wer die verschiedenen Lerntypen kennt, kann Unterricht gezielter gestalten, besser auf Reitschüler eingehen – und so für mehr Erfolg und Freude beim Lernen sorgen.

Was sind Lerntypen?
Lerntypen sind unterschiedliche Arten, wie Menschen Informationen aufnehmen und verarbeiten.
Die bekanntesten sind:
Visuelle Lerntypen
Auditive Lerntypen
Kinästhetische (motorische) Lerntypen
Kommunikative Lerntypen
Viele Menschen sind eine Mischung aus mehreren Typen, aber oft überwiegt einer. Im Reitunterricht zu wissen, „wie“ jemand lernt, ist fast genauso wichtig wie „was“ jemand lernen soll.
Der visuelle Lerntyp – „Ich muss es sehen“
Merkmale:
Lernt am besten durch Beobachtung
Prägt sich Bewegungen oder Positionen durch Bilder ein
Denkt oft in „Filmszenen“ oder inneren Bildern
Braucht im Reitunterricht:
Vormachen: Der Reitlehrer sitzt selbst mit auf oder lässt erfahrene Reiter vorreiten
Skizzen oder Videoanalysen: Sitzhaltung, Zügelhaltung, Bahnfiguren aufzeichnen oder per Video zeigen
Spiegel oder visuelle Rückmeldungen helfen, den eigenen Sitz zu kontrollieren
Tipp:
Zeige dem visuellen Lerntyp regelmäßig, wie etwas aussieht – nicht nur, wie es sich anfühlt.
Der auditive Lerntyp – „Ich muss es hören“
Merkmale:
Merkt sich Inhalte über Sprache und Tonfall
Liebt klare, strukturierte Erklärungen
Reagiert auf Rhythmus, Zählzeiten und stimmliche Hinweise
Braucht im Reitunterricht:
Klar strukturierte, verbale Anleitungen
Sprachbilder („Lass den Absatz schwer werden“) oder Zählrhythmen im Trab oder Galopp
Wiederholung über Sprache (z. B. „Eins-zwei im Leichttraben“)
Laut denken lassen: Auditive Lerner profitieren oft, wenn sie selbst laut erklären dürfen, was sie tun
Tipp:
Sprich klar, rhythmisch und gezielt. Auditive Lerntypen reagieren oft gut auf Ansprache während der Bewegung.
Der kinästhetische Lerntyp – „Ich muss es fühlen und tun“
Merkmale:
Lernt über Bewegung, Körperspannung und Muskelgefühl
Versteht Abläufe, indem er sie spürt
Kann oft schlecht erklären, was er tut – aber er macht es einfach
Braucht im Reitunterricht:
Bewegungserfahrungen: Geführtes Reiten, Augen schließen, ohne Zügel reiten
Körperbilder und -vergleiche: „Stell Dir vor, Dein Steißbein ist ein Joystick“, „Deine Schultern schweben wie Seifenblasen“
Helfende Berührung: Manchmal hilft ein kleiner Impuls an Schulter oder Bein mehr als tausend Worte
Sitzschulungen, Bodenarbeit, Balancierübungen und spielerisches Bewegen
Tipp: Gib kinästhetischen Typen Zeit und Raum zum Ausprobieren – sie lernen beim Tun, nicht beim Reden. Die meisten Kinder fallen in diese Kategorie.
Der kommunikative Lerntyp – „Ich muss darüber sprechen“
Merkmale:
Lernt durch Austausch, Diskussion und Reflektion
Braucht Feedbackgespräche, um Gelerntes zu verarbeiten
Merkt sich Inhalte durch Erklären und Fragenstellen
Braucht im Reitunterricht:
Nachbesprechungen nach der Reitstunde
Fragen stellen dürfen – und auch eigene Erklärungen geben
Austausch mit anderen Reitschülern (z. B. in Gruppenstunden)
Eventuell Lerntagebuch oder „Reitprotokoll“ zur Selbstreflexion
Tipp:
Gib kommunikativen Typen Zeit zum Nachdenken und Reden – sie verankern Wissen über Sprache und Austausch.
Was bedeutet das für den Reitunterricht?
Guter Reitunterricht berücksichtigt alle Lerntypen – oft sogar in einer einzigen Reitstunde.Denn in der Praxis kommen diese Typen nicht „rein“ vor. Viele Reiter sind Mischformen – zum Beispiel visuell-kinästhetisch oder auditiv-kommunikativ.
👉 So kann man Lerntypen kombinieren:
Vormachen (visuell) + erklären (auditiv) + selber spüren lassen (kinästhetisch)
Nach der Reitstunde gemeinsam reflektieren (kommunikativ)
Bilder mitnehmen, Videoclips anschauen, Bewegungsbilder einbauen
Immer wieder fragen: „Wie war das für dich? Hast du gespürt, was sich verändert hat?“
Fazit: Lerntypen erkennen heißt Lernwege öffnen
Jeder Mensch lernt anders – und genau das macht guten Unterricht aus. Wer im Reitunterricht nur über den Sitz redet, erreicht den auditiven Typ, verliert aber vielleicht den kinästhetischen.Wer nur vormacht, erreicht die visuellen – aber nicht jene, die es selbst erfahren müssen.Und wer nicht erklärt, was er tut, lässt den kommunikativen Typ allein.
Ein Reitunterricht, der die verschiedenen Lerntypen anspricht, kombiniert und respektiert, schafft echte Lernerlebnisse – und damit Reiter, die mit Freude, Verständnis und Gefühl reiten lernen.
👉 Tipp für Reitlehrer und Reitlehrerinnen:
Verwende grundsätzlich verschiedene Anweisungsformen: Sprache, Vormachen, Videos, Feedbackrunden. Du weißt anfangs nicht, welcher Deiner Schüler wie lernt und Du wirst auch selten nur einen Lerntyp in einer Gruppe haben. Wenn Du Deine Inhalte grundsätzlich auf verschiedenen Wegen transportierst, auch mal etwas zur Verdeutlichung übertreibst, wirst Du allen Deinen Schülern guten, motivierenden Unterricht bieten können.


