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Pferdetrainingsmethoden im Check: Was wirkt wirklich – und was schadet?

In der Pferdewelt wimmelt es nur so von Trainingsmethoden: Dualaktivierung, Natural Horsemanship, Equikinetic, klassische Dressur, Clickertraining, akademische Reitkunst – und ständig kommen neue Ansätze hinzu.


Doch was davon hilft deinem Pferd wirklich?Was ist gut gemeint, aber schlecht gemacht?Und: Warum ist es oft sinnvoller, konsequent an einem Plan festzuhalten, statt ständig etwas Neues auszuprobieren?


In diesem Artikel erfährst du:


  • welche Trainingsmethoden wissenschaftlich belegt sind,

  • welche gesundheitliche Risiken bergen,

  • warum körperliche Entwicklung Monate bis Jahre dauert,

  • und wie du deinem Pferd mit einem durchdachten, vielseitigen Trainingsplan wirklich etwas Gutes tust.


Reiten

Was funktioniert laut Studien wirklich?

1. Positive Verstärkung (Clickertraining)

  • Pferde lernen schneller, stressfreier und nachhaltiger, wenn sie über Lob statt Strafe motiviert werden.

  • Studien (z. B. Innes & McBride, 2008; Sankey et al., 2010) zeigen:

    • Geringere Herzfrequenz beim Lernen

    • Weniger Abwehrverhalten

    • Bessere Beziehung zum Menschen


2. Klassisch orientierte Dressurausbildung

  • Sorgt bei korrekter Anwendung für:

    • Symmetrie und Tragkraft

    • Schonung der Gelenke und Sehnen

    • Verbesserte Bewegungsökonomie

  • Studien (Peham et al., 2010) bestätigen: Pferde in korrekter Versammlung belasten sich gleichmäßiger als Pferde mit fehlerhafter Haltung.


3. Intervalltraining (z. B. Equikinetic)

  • Auch wenn Geitners Methode selbst noch nicht groß untersucht wurde, ist Intervalltraining trainingsphysiologisch sinnvoll:

    • Kraftaufbau

    • Gelenkschonung

    • Verbesserung von Kondition und Koordination

Was schadet Pferden nachweislich?

1. Zwangshaltungen wie Rollkur

  • Studien (von Borstel et al., 2009; Glaus et al., 2020) zeigen:

    • Stressreaktionen (Cortisol, Herzfrequenz)

    • Atemeinschränkungen

    • Rückenverspannungen

    • Langfristige orthopädische Schäden


2. Planloses Training ohne System

  • Klingt nach Freiheit, ist aber oft der Anfang von:

    • Fehlbelastungen

    • mangelndem Muskelaufbau

    • Demotivation und Frust

  • Clayton (2016): Nur Pferde mit klar strukturiertem Training bauen gezielt Muskulatur auf.


Was ist (noch) unklar?

Natural Horsemanship

  • Teilweise hilfreich (Desensibilisierung, Körpersprache)

  • Aber: Uneinheitliche Ausprägungen, kaum Langzeitstudien


Akademische Reitkunst & Working Equitation

  • Hohe Präzision & Gymnastizierung, aber wenig wissenschaftlich untersucht


Dualaktivierung

  • Beruht auf logischen Grundlagen (Farbwahrnehmung, Gehirnvernetzung)

  • Noch keine kontrollierten Langzeitstudien zu Muskel- und Gelenkentlastung

Muskelaufbau braucht Monate – nicht Wochen


Einer der größten Irrtümer in der Pferdeausbildung: körperliche Fortschritte gehen schnell.


Die Realität:

Struktur

Anpassungsdauer

Muskeln

6–12 Wochen bei regelmäßigem Reiz

Sehnen & Bänder

Mehrere Monate bis Jahre

Koordination / Körpergefühl

Durch Wiederholung über Wochen hinweg

Nervensystem / Bewegungsmuster

Nur durch stetige Übung und klare Signale

Studien (Barrey et al., 1993; Gillooly et al., 2001) belegen: Ohne Pausen keine Regeneration – ohne Struktur kein Fortschritt.


Vielseitigkeit schützt vor Überlastung


Einseitige Spezialisierung ist gefährlich – selbst in professionellen Sparten.

  • Immer gleiche Bewegungsabläufe führen zu Überlastung bestimmter Strukturen

  • Monotonie schadet der Psyche und dem Bewegungsapparat


Besser: Abwechslungsreiches Training mit gezielter Struktur:


Dressurarbeit ➕ Stangenarbeit ➕ Gelände ➕ Handarbeit ➕ Ausgleichstage


Studie (Greve & Dyson, 2013): Pferde mit vielseitigem Training zeigen signifikant weniger Lahmheiten.


Methodenhopping – wenn Vielfalt zur Verwirrung wird

Ständig neue Methoden ausprobieren klingt spannend – führt aber oft zu:

  • Verwirrten Pferden (keine klaren Signale)

  • Frustrierten Reitern (fehlende Fortschritte)

  • fehlender körperlicher Entwicklung (weil Reize nicht langfristig wirken)


Besser: Eine Methode bewusst wählen, auf das Pferd abstimmen – und dann dranbleiben.


Fazit: Ein guter Plan schlägt jede Trendmethode


Du brauchst keine „perfekte Methode“. Du brauchst:

  • Einen durchdachten Trainingsplan

  • Geduld für die körperliche Entwicklung deines Pferdes

  • Vielseitigkeit in der täglichen Arbeit

  • Und: Die Bereitschaft, deinen Weg zu gehen, statt immer den nächsten Kurs zu buchen


Denn am Ende zählt nicht, was gerade angesagt ist – sondern, was deinem Pferd wirklich gut tut.


Studienquellen (Auswahl)

  • Innes & McBride (2008): Positive reinforcement: shaping behaviour in horses

  • Sankey et al. (2010): Positive interactions lead to lasting positive memories in horses

  • von Borstel et al. (2009): Behavioural and physiological effects of rollkur

  • Glaus et al. (2020): Physiological stress parameters in horses under forced flexion

  • Peham et al. (2010): Biomechanics of dressage horses in collection

  • Clayton (2016): The impact of training schedules on equine muscle development

  • Barrey et al. (1993): Training-induced modifications in trot performance of horses

  • Gillooly et al. (2001): Effects of training frequency on tendon and ligament adaptation

  • Greve & Dyson (2013): Lameness in the sport horse: influence of training and management

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