Pferdetrainingsmethoden im Check: Was wirkt wirklich – und was schadet?
- sabinelagies
- 2. Juli
- 3 Min. Lesezeit
In der Pferdewelt wimmelt es nur so von Trainingsmethoden: Dualaktivierung, Natural Horsemanship, Equikinetic, klassische Dressur, Clickertraining, akademische Reitkunst – und ständig kommen neue Ansätze hinzu.
Doch was davon hilft deinem Pferd wirklich?Was ist gut gemeint, aber schlecht gemacht?Und: Warum ist es oft sinnvoller, konsequent an einem Plan festzuhalten, statt ständig etwas Neues auszuprobieren?
In diesem Artikel erfährst du:
welche Trainingsmethoden wissenschaftlich belegt sind,
welche gesundheitliche Risiken bergen,
warum körperliche Entwicklung Monate bis Jahre dauert,
und wie du deinem Pferd mit einem durchdachten, vielseitigen Trainingsplan wirklich etwas Gutes tust.

Was funktioniert laut Studien wirklich?
1. Positive Verstärkung (Clickertraining)
Pferde lernen schneller, stressfreier und nachhaltiger, wenn sie über Lob statt Strafe motiviert werden.
Studien (z. B. Innes & McBride, 2008; Sankey et al., 2010) zeigen:
Geringere Herzfrequenz beim Lernen
Weniger Abwehrverhalten
Bessere Beziehung zum Menschen
2. Klassisch orientierte Dressurausbildung
Sorgt bei korrekter Anwendung für:
Symmetrie und Tragkraft
Schonung der Gelenke und Sehnen
Verbesserte Bewegungsökonomie
Studien (Peham et al., 2010) bestätigen: Pferde in korrekter Versammlung belasten sich gleichmäßiger als Pferde mit fehlerhafter Haltung.
3. Intervalltraining (z. B. Equikinetic)
Auch wenn Geitners Methode selbst noch nicht groß untersucht wurde, ist Intervalltraining trainingsphysiologisch sinnvoll:
Kraftaufbau
Gelenkschonung
Verbesserung von Kondition und Koordination
Was schadet Pferden nachweislich?
1. Zwangshaltungen wie Rollkur
Studien (von Borstel et al., 2009; Glaus et al., 2020) zeigen:
Stressreaktionen (Cortisol, Herzfrequenz)
Atemeinschränkungen
Rückenverspannungen
Langfristige orthopädische Schäden
2. Planloses Training ohne System
Klingt nach Freiheit, ist aber oft der Anfang von:
Fehlbelastungen
mangelndem Muskelaufbau
Demotivation und Frust
Clayton (2016): Nur Pferde mit klar strukturiertem Training bauen gezielt Muskulatur auf.
Was ist (noch) unklar?
Natural Horsemanship
Teilweise hilfreich (Desensibilisierung, Körpersprache)
Aber: Uneinheitliche Ausprägungen, kaum Langzeitstudien
Akademische Reitkunst & Working Equitation
Hohe Präzision & Gymnastizierung, aber wenig wissenschaftlich untersucht
Dualaktivierung
Beruht auf logischen Grundlagen (Farbwahrnehmung, Gehirnvernetzung)
Noch keine kontrollierten Langzeitstudien zu Muskel- und Gelenkentlastung
Muskelaufbau braucht Monate – nicht Wochen
Einer der größten Irrtümer in der Pferdeausbildung: körperliche Fortschritte gehen schnell.
Die Realität:
Studien (Barrey et al., 1993; Gillooly et al., 2001) belegen: Ohne Pausen keine Regeneration – ohne Struktur kein Fortschritt.
Vielseitigkeit schützt vor Überlastung
Einseitige Spezialisierung ist gefährlich – selbst in professionellen Sparten.
Immer gleiche Bewegungsabläufe führen zu Überlastung bestimmter Strukturen
Monotonie schadet der Psyche und dem Bewegungsapparat
Besser: Abwechslungsreiches Training mit gezielter Struktur:
Dressurarbeit ➕ Stangenarbeit ➕ Gelände ➕ Handarbeit ➕ Ausgleichstage
Studie (Greve & Dyson, 2013): Pferde mit vielseitigem Training zeigen signifikant weniger Lahmheiten.
Methodenhopping – wenn Vielfalt zur Verwirrung wird
Ständig neue Methoden ausprobieren klingt spannend – führt aber oft zu:
Verwirrten Pferden (keine klaren Signale)
Frustrierten Reitern (fehlende Fortschritte)
fehlender körperlicher Entwicklung (weil Reize nicht langfristig wirken)
Besser: Eine Methode bewusst wählen, auf das Pferd abstimmen – und dann dranbleiben.
Fazit: Ein guter Plan schlägt jede Trendmethode
Du brauchst keine „perfekte Methode“. Du brauchst:
Einen durchdachten Trainingsplan
Geduld für die körperliche Entwicklung deines Pferdes
Vielseitigkeit in der täglichen Arbeit
Und: Die Bereitschaft, deinen Weg zu gehen, statt immer den nächsten Kurs zu buchen
Denn am Ende zählt nicht, was gerade angesagt ist – sondern, was deinem Pferd wirklich gut tut.
Studienquellen (Auswahl)
Innes & McBride (2008): Positive reinforcement: shaping behaviour in horses
Sankey et al. (2010): Positive interactions lead to lasting positive memories in horses
von Borstel et al. (2009): Behavioural and physiological effects of rollkur
Glaus et al. (2020): Physiological stress parameters in horses under forced flexion
Peham et al. (2010): Biomechanics of dressage horses in collection
Clayton (2016): The impact of training schedules on equine muscle development
Barrey et al. (1993): Training-induced modifications in trot performance of horses
Gillooly et al. (2001): Effects of training frequency on tendon and ligament adaptation
Greve & Dyson (2013): Lameness in the sport horse: influence of training and management


